Das Wunder der Lichtatmung

Können Sie sich vorstellen, dass Sie auf das Atmen verzichten können? Dass Sie die Atmungsenergie direkt in Ihren Blutkreislauf bringen können, ohne ständig die Lunge mühsam vollpumpen und wieder entleeren zu müssen? Dass Sie keine Abgase und Schadstoffe mehr in Ihren Körper eindringen lassen müssen? Dass Sie einen unmittelbaren Zugang zur Lebensenergie finden? Dass Sie Licht atmen können? Nein? Dann halten Sie sich fest.

Lichtatmung oder „Pranarespiration“ (Sanskrit: „Prana“, universielle Lebensenergie) gibt es seit Jahrhunderten. Berichte über Menschen, welche die Lichtatmung praktizierten, gibt es sonder Zahl in fast allen bekannten Kulturen. Es ist bezeugt, dass der Heilige Tolbertius die Atmung in seinem fünfzehnten Lebensjahr einstellte, um dann fünfzig Jahre lang als Einsiedler in einer Höhle mit giftigen Schwefeldämpfen zu wohnen. Die alten Lehren gerieten jedoch im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit und wurden erst Ende des 20. Jahrhunderts vom Australier John Gaspuhin Randy wiederentdeckt.

1993 lernte Randy in der australischen Wüste durch eine Verkettung von Zufällen einen alten, im Sterben liegenden Aborigine kennen, der ihm seine Geheimnisse anvertraute. Randy stellte daraufhin in einem spektakulären Selbstversuch die konventionelle Lungenatmung Schritt für Schritt mittels eines mehrwöchigen „Umwandlungsprozesses“ ein. Dabei wird der Körper durch immer länger werdendes Luftanhalten trainiert, sich direkt aus der universellen Energiestrahlung der Umgebung zu bedienen. Seit 1994 hat Randy nach eigenen Angaben schließlich konsequent nicht mehr ein- oder ausgeatmet.

1998 veröffentlichte Randy ein Buch, mithilfe dessen jeder Mensch seine Atmung auf Lichtatmung umstellen könne. Am Ende des Umwandlungsprozesses könne man schließlich drei Minuten lang die Luft anhalten, womit klar wird, dass der Körper die Lungenfunktion mithilfe von Energiewesen jederzeit ausschalten kann. Die Basis seiner Lehre bildet die innige Verbundenheit zur Natur, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse der jüngeren Forschung. Die Lichtatmung von Pflanzen, bei den Naturvölkern längst bekannt, hat die westliche Wissenschaft erst in den frühen Siebzigerjahren biochemisch erforscht und nachgewiesen.

Die Lehre Randys erfuhr in den folgenden Jahren enormen Zulauf, tausende Anhänger erlernten die Fähigkeit der Lichtatmung. Randy warnte jedoch stets vor unsachgemäßer Anwendung und Überschätzung der eigenen Reife und empfahl, nur dann vollständig auf Lichtatmung umzustellen, wenn zuvor eine persönliche Prüfung durch ihn durchgeführt werde. Davor genüge es, wenn der Körper die Pranarespiration zusätzlich zur konventionellen Lungenatmung anwenden könne.

Randy wurde im Jahr 2001 von Journalisten beim Zigarettenrauchen zur Rede gestellt. Kritiker sahen dies als Beweis für einen vermeintlichen Betrug. Randy stellte jedoch klar, dass er dieses nur des Genusses wegen täte, Sauerstoff führe er dem Körper dabei nicht zu. „Nach so langer Zeit ohne direktem Kontakt mit Sauerstoff würde meine Lunge bei einem normalen Atemzug kollabieren, daher paffe ich nur ganz flach. Außerdem rauche ich höchstens ein oder zwei Zigaretten am Tag.“

Ab dem Jahr 2003 erklärte Randy, dass es nach seinen Erfahrungen den Energiehaushalt störe, wenn auf die natürlichen Bewegungen des Zwerchfells verzichtet würde. Er würde deshalb, aber auch aus gesellschaftlichen Gründen wieder zu atmen beginnen. Die eher mühsame Umstellung des Sprechens würde damit entfallen; Randy hatte zuvor nicht mit Lungenluft gesprochen, sondern Luft in den Magen geschluckt, die er wieder hervorrülpste.

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen (zuletzt im Jahr 2010) bestätigten, dass Randy einen normalen Sauerstoffgehalt im Blut aufweist. Lediglich bei einem Versuch mit dem Kopf zwei Minuten unter Wasser ging der Sauerstoffgehalt merklich zurück. Dies begründete Randy damit, dass die Lichtatmung zu einem großen Teil über die Gesichtshaut passiere. Das sei auch der Grund für drei Todesfälle seiner Anhänger, die entgegen seinen expliziten Anweisungen mehrere Minuten unter Wasser geblieben waren, um ihre Theorien zu untermauern.

Mittlerweile hält Randy auf der ganzen Welt Vorträge, um für ein Abwenden von materiellen Bedürfnissen und eine Rückkehr zur Natur zu werben. Nach seiner Ansicht steht die Lichtatmung in einem größeren Kontext, wonach der Mensch dazu bestimmt ist, als vollständiges Lichtwesen eine neue Stufe der Evolution zu erklimmen und letztlich auf der Sonne vollständig umgeben von Licht zu leben. Die ersten Belege für diesen umwälzenden Schritt in der Menschheitsgeschichte lägen schon seit mehreren Jahren auf der Hand, er selbst sei nur ein Beispiel von vielen.

Trotz dieser eindeutigen Beweise hält die Wissenschaft die Lichtatmung für unglaubwürdige Behauptungen. Es ist nur ein weiteres Zeichen, dass die klassische, enge Sichtweise der Wissenschaft nicht die ganze Welt begreifen kann.

(E. R. Schlaubinger, 30.09.2010)